Bevor ich euch die weiteren einzelnen Orte vorstelle, führt die Fortsetzung zum Thema Neretva zunächst zurück ins Jahr 2008…

Der 24.08.2008 hätte, wenn es nach mir gegangen wäre, zu einem internationalen Trauertag ernannt werden müssen, war dies doch das Datum an dem ich mein geliebtes Kroatien – nach 4 1/2 Wochen Aufenthalt – in Richtung Deutschland verlassen musste. Kaum in Köln gelandet, schmiedete ich auch schon gleich wieder die nächsten Reisepläne. Bereits im Januar 2008 bin ich auf die Idee gekommen bei Google als Suchwort “Mandarinenernte” einzugeben und prompt antwortete mir die Suchmaschine mit schier unendlich vielen Reiseangeboten für Kroatien. Erneut überkam mich die Idee genau an so einer Reise teilzunehmen und erneut durchstöberte ich die etlichen Angebote. Dabei stieß ich schon bald auf  ein passendes für mich. Nach ein paar Wochen bibbern ob nun mein Urlaub genehmigt werden würde, stand der Reise und der damit verbundenen Vorfreude jedoch nichts mehr im Weg und so setzte mein Flieger, 48 Tage nach der Rückkehr in Deutschland, am 11.10.2008 morgens vom Dortmunder Flughafen gen Süden ab… Dies sollte die erste Reise sein, die ich alleine tätigte.

Bei strahlendem Sonnenschein, wolkenlosem Himmel und 26 Grad landete der Flieger am frühen Mittag in Split. Nachdem ich meinen Koffer in Empfang genommen hatte, machte ich mich auf den Weg in Richtung Ausgang, an dem ich auch gleich ein Schild mit der Aufschrift meines Reiseveranstalters bemerkte. Ich schloss mich dem Schildträger, genannt Ivo, an und wurde mit weiteren 8 Gästen in ca. einer guten Stunde Fahrt in das Hotel Aurora in Podgora an der Makarska Riviera gebracht. Weitere Personen sollten vom Flughafen Düsseldorf spät Abends folgen. Den Tag verbrachte ich mit der Besichtigung Podgoras, während ich an Tag zwei an einem Ausflug auf die Inseln Hvar und Brač teilnahm. Tag 3 stand dann im Zeichen des Reisetitels “Saisonabschlussfahrt-Mandarinenernte”. Die Reisegruppe bestand komplett aus über 170 Personen im Alter 50 aufwärts. Da ich doch relativ anpassungsfähig bin, fand ich jedoch sehr schnell Anschluss und verbrachte die Mahlzeiten immer wieder in der Gesellschaft eines sehr netten Ehepaares aus Essen, welches ich schnell zu meinen Adoptiveltern auf dieser Reise ernannt hatte. An den Abenden wurde ich von den Mitarbeitern des Reiseveranstalters – diese waren nur unwesentlich älter als ich – zum Feiern an die Promenade entführt. Jeden Abend wurden wir mit live Musik versorgt, so dass es nie langweilig wude. Es wurde gelacht, getanzt und die angenehm milden Oktobernächte ausgiebig genossen.

Am frühen morgen des 13.10.2008 brachten uns unsere Reisebusse erst einmal zu einem kurzen Spaziergang nach Makarska, wo wir eine dreiviertelstunde Zeit hatten. Im Anschluss sollte es endlich los gehen, und wir fuhren zum….

Neretva Delta

Durch schmale Sträßchen fuhr Doris, unsere Kapitänin, nun bereits im Deltabereich der Neretva unserem Ziel entgegen, immer wieder dem Problem des Entgegenkommen anderer Reisebusse ausgesetzt, die sie mit viel Konzentration und Können jedoch hervorragend meisterte. Plötzlich hielt sie in einer weiteren sehr engen, ja fast schon gassenartigen Straße – rechts davon Häuser, links der Hauptarm der Neretva. Die komplette Gruppe wurde zu einem Haus geleitet, von dem wir lediglich weniger Meter entfernt parkten. Dort wurden wir bereits von unserem Gastgeber mit verschiedenen Früchten, getrockneten Feigen, selbstgebranntem Rakija und Vino aus Eigenproduktion erwartet. Alle unterhielten sich gut und griffen zu den Köstlichkeiten an denen sich jeder uneingeschränkt bedienen konnte. Kurz darauf teilte Ivo Netze aus, die dazu dienen sollten die gepflückten Mandarinen darin zu verwahren. Jeder konnte sich soviel Netze nehmen, wie er glaubte Mandarinen pflücken zu können. Nun liefen wir also hinter das Haus, von wo aus sich einem ein ganzes Meer an Mandarinenbäumen eröffnete. Alle stürmten sie los um auch ja die schönsten ergattern zu können…Nur ich beschäftigte mich erst einmal mit der Fotografie.

Nachdem ich genug Fotos geschossen hatte, machte ich mich nun auch an die Arbeit, doch dummerweise schenkte ich den Arbeitsanleitungen kein Gehör (ich war halt mit anderen Dingen beschäftigt) und so erwies sich meine eigene Technik als nicht vorteilhaft. Ich neigte dazu die Mandarinenschale beim abpflücken immer aufzureißen, was wiederum (so erklärte man mir) dazu führt, dass die Mandarinen nur kurze Zeit haltbar sind, während sie unbeschädigt Monate einwandfrei genießbar bleiben. Meine Adoptiveltern zeigten mir, wie man es richtig anstellt. Die Mandarinen dürfen nicht gerissen, sondern müssen solange gedreht werden, bis sie sich vom Stengel lösen. Aaaaaaha…. so klappte es dann auch – immerhin sammelte ich 2 volle Netze.

Bild 1 – 7: Im Delta bei der Mandarinenernte

Informatives…

Die Neretva entspringt in Bosnien und Hercegovina nahe der montenegrinischen Grenze in dem kleinen Ort Držirep (muhahahahaha was für eine Ortsname! Übersetzt bedeutet das soviel wie „halt den Schwanz„) auf 1100 Meter über Null, südlich des Gebirges Zelengora  und ist 225 km lang. Zunächst fließt die Neretva in nordwestlicher Richtung zwischen den Gebirgen Bjelašnica, Lelija und Visočica, sowie Crvanj und Prenj, dessen Gipfel sich bis auf 2100 m erheben. Hinter Konjic verändert sich der Lauf. Hier staut sich der Fluss zum Jablaničko Jezero, der sich von Ost nach West ausbreitet. Ab hier fließt die Neretva nun in südwestlicher Richtung weiter und durchdringt den Fluss-Canyon, der sich bis nach Mostar erstreckt.

Am Mittellauf befindet sich die größte und wichtigste Stadt des Flusses sowie der Hercegovina – Mostar. Der Fluss teilt die Stadt in zwei Teile: den überwiegend katholischen und somit kroatischen Westteil, und den überwiegend muslimischen Ostteil. Hinter Mostar weitet sich die Ebene durch die die Neretva fließt und wird ab dem Zufluss des Flusses Buna wieder enger- es folgt ein weiterer ca. 20 km langen Canyon, der sich bei der Märchenstadt Počitelj wieder öffnet und ab Čapljina und den Zuflüssen der Trebižat und Bregava den Beginn des Unterlaufs bilden. Ab hier wird die Neretva intensiv landwirtschaftlich genutzt, jedoch befindet sich nur ein kleiner Teil des Unterlaufs in der Hercegovina, womit sich auch der landwirtschaftliche Nutzen für Bosnien und Hercegovina in Maßen hält. Nach 203 km erreicht die Neretva nun die Grenze zu Kroatien um nach 22 km Länge schließlich in der Adria, bzw. dem Mittelmeer, zu münden.

Auf 20.000 Ha verteilt sich das Delta, wovon 8.000 zu Bosnien und Hercegovina beim Naturpark Hutovo Blato fallen und 12.000 zu Kroatien gehören. Drei Arme bildet hier die Neretva, von denen jeweils tausende weitere Kanäle auf  196 Quadratkilometer Fläche, zum Bewässern der Landparzellen, abzweigen. Ursprüglich bildete das Delta 12 große Arme und war ein undurchdringliches Gebiet aus Sümpfen, in dem die Neretvanischen Piraten ihren Unterschlupf im hohem Schilf fanden. Die Sümpfe wurden nach dem Befall der Malaria trocken gelegt und bilden seit dem das größte fruchtbare Gebiet zwischen Split und Dubrovnik. Vor allem werden Früchte und Gemüse angebaut, darunter 8 verschiedene Orangen- und Mandarinensorten, Kiwis, Granatäpfel, Melonen, Zitronen, Khakis und sonstige Südfrüchte…Aufgrund der ausgedehten landwirtschaftlichen Nutzung trägt das Neretva Delta auch den Spitznamen “kroatisches Kalifornien”.

Das Neretva-Delta ist eines der wenigen Feuchtgebiete in Europa und wird international als ein so genanntes Ramsar-Gebiet, ein wichtiges Vogelareal, anerkannt, denn hier nisten rund 235 Vogelarten, von denen eine Vielzahl auch im Delta überwintert. Sümpfe, Feuchtgebiete, Zuckerrohrfelder, sowie das Meer, die Strände, Lagunen, Süß- und Salzwasser, als auch eine Vielzahl an Seen, Flüssen, Kalksteinhügel und Bergen bilden nicht nur eine landschaftlich einzigartige und überwältigende Kulisse, sondern stellen damit auch eine unfassbare Vielfalt von Lebensräumen dar, weshalb das Delta ein besonders geschützter Bereich des Mittelmeerraums ist. Es gibt 34 Arten Süßwasserfische, 100 Arten von Meerwasserfischen. Desweiteren findet man eine Vielzahl von Schlangen, Schildkröten, Fröschen, Eidechsen und sonstigen Reptilien, sowie selbstverständlich Insekten in Hülle und Fülle. Eine weitere biologische Besonderheit ist, dass man Aale aus der Bermuda-See vorfindet, die hier ihren Laich ablegen und in der Flussmündung sterben.

Grafikquelle: http://de.wikipedia.org/wiki/Neretva

Metković

2002 machte ich in Köln eine Bekanntschaft mit einer richtigen Dalmatinka, die sich schnell zur Freundschaft entwickelte. Als wir uns während des Kennenlernens gegenseitig fragten, aus welchen Orten wir stammten, antwortet sie mir kichernderweise mit: „Metković!“ Tatsächlich hörte ich damals zum aller ersten mal von dieser Stadt, konnte ihr Gekichere somit nicht nachvollziehen und hackte nach. Sie schilderte Metković als einen lustigen unbedeutenden Ort „kein Vergleich zu Dubrovnik oder Makarska“ – sagte sie. 2007, auf dem Weg von Dubrovnik nach Mostar, war ich besonders gespannt, was für einen Eindruck ich bei der Durchfahrt (Metković ist Grenzstadt zur Hercegovina) erhalten würde. Zu Kichern war mir nicht wirklich zumute, denn ich empfand es ein wenig bedrückend. Auf der Durchfahrtsstraße gibt es vor allem Industrie und runtergekommene Häuser zu sehen… Nicht wirklich ansprechend!

Nichts desto trotz war es mir in den Jahren 2011 und 2012 auch im Falle Metković ein Begehren mich näher umzusehen. Natürlich kann Metković nicht mit den weltbekannten Küstenstadten oder dem Barocktraum Varaždin mithalten, aber es gibt sehr wohl einen hübschen typisch dalmatinischen Ortskern, umgeben von der Traumlandschaft des Neretva-Deltas.

Informatives…

Der Name stammt nicht, wie man vermuten könnte, von der leckeren Mettwurst ab, sondern vom Nachnamen Metković. Zeitweise wurde die Stadt Metkovići genannt. Mit der Zeit kürzte man das Ganze um einen Buchstaben und so entstand Metković daraus. Man weiß, dass die Stadt bereits 1422 in einem Dokument unter flumaria Narrenti subtus Metchovich (was auch immer das heißen mag) erwähnt wird. Dieses Dokument wird heute in Dubrovniker Archiven aufbewahrt und ist die erste schriftliche Erwähnung.

Unter den Venezianern erhielt die Stadt im 17. Jahrhundert einen Aufschwung. Ab 1716 kamen viele Menschen aus Gabela (der Hercegovina) und siedelten sich in Metković und Umgebung an. Grund dafür war, dass von nun an die Türken soweit von den Venezianern aus dem Deltagebiet zurückgedrängt wurden, dass Metković Grenzstadt zum Osmanischen Reich wurde – auch unter den Franzosen und den Österreichern. Die Österreicher bauten Metković zur Hafenstadt aus, gaben ihr einen Bahnhof nach Legung der Eisenbahnstrecke PločeSarajevo und machten es zum politischen Zentrum des Deltagebietes. Innerhalb Jugoslawiens fielen die Grenzen weg. Nach dem ersten Weltkrieg wurde Metković der wichtigste Einfuhrhafen Jugoslawiens und nach dem zweiten noch eine bedeutende Industriestadt dazu. Doch nach Zerfall dessen und dem Beginn der kroatischen Unabhängigkeit nahm Metković seine Rolle als Grenzstadt wieder ein. Heute zählt die Stadt 13.873 Einwohner. In Metković gibt es ein Ornithologisches Museum in dem 240 Vogelarten, die einen großen Teil des Jahres im Deltagebiet leben, vorgestellt werden.

Die größte Stadt des Neretva-Deltas breitet sich auf beiden Uferseiten aus. Südlich von Vid, am nördlichen Ufer, trifft man lediglich auf Industrie, Wohnsiedlungen und dem Bahnhof. Am südlichen Ufer befindet sich das Zentrum Metković’s – hier war auch die erste Ansiedlung. Entlang der Neretva gibt es eine Promenade die zum Spazieren einläd, daneben ein schöner, aber nicht sehr großer Park, der erst kürzlich aufgebessert wurde. Von hier gibt es die ersten Blicke auf die Altstadt, die sich an den Hängen des Hügels Predolac schmiegt, dabei wird das Stadtbild von der ehem. Pfarrkirche dominiert. Westlich wird der Park von einem relativ großem Hotel begrenzt, die starkbefahrene Hauptstraße nach Mostar/Sarajevo und Split/Dubrovnik verläuft gleich südlich des Parkes – umgeben von barocken, leider oft sehr runtergekommenen Häusern, in denen man nicht selten auf Juweliere trifft. Überquert man beim Hotel die Straße, trifft man auf den Trg kralja Tomislava (den Hauptplatz) – den städtischen Mittelpunkt mit Springbrunnen und Kunst (?) in Form von einer überdimensionierten Glassscheibe.

Bild 1 & 2: An der Promenade mit Blick auf die Brücke und Industriegebäude

Bild 1 & 2: Im Park

Bild 1 – 3: Trg kralja Tomislava

Hinter dem Trg kralja Tomislava führen zwischen den Häusern angelegte Treppenaufgänge bis hoch zur früheren Pfarrkirche Crkva Sv. Ilija Proroka (heute hat ein Kirchenneubau in einem Vorort diese Rolle übernommen). Es ist bekannt, dass bereits vor dem Jahr 1700 an dieser Stelle eine Kirche gleichen Namens gestanden hat. Nachdem sie zu klein wurde riss man sie nieder und begann im Jahre 1867 mit den Arbeiten an der Neuen. Fertiggestellt und geweiht wurde sie 1903. Der Bau vereint neoromanischen Stil mit neogothischen Elementen. Ich muss sagen, dass ich Metković’s Kirche außerordentlich hübsch finde – besonders gefällt mir, dass ihr kreuzförmiger Grundriss an den Eckpunkten durch die Dachreiter (das sind diese kleinen Türmchen obenauf – danke an alle an der Wortsuche Mithelfenden aus dem Kroatienforum) betont wird. Der Ausblick vom Kirchenvorplatz ist, wie oftmals, einfach fenomenal, egal ob man in Richtung Vid schaut oder Richtung Mündungsgebiet. Auch fällt einem hier Oben, fern ab von starkbefahrenen Straßen, das enorme Vogelgezwitscher auf. Etwas was ich in der Vielzahl und Menge sonst nur noch aus Veli Ston kenne und als unwahrscheinlich schön empfinde…

Bild 1 – 7: Über die Treppen, durch schöne Gassen, hoch zur Kirche

Bild 1 – 4: Crkva Sv. Ilija Prorok

Bild: Blick nach Norden

Bild: Blick auf Vid

Bild: Blick nach Westen

Bild 1 & 2: Blick nach Westen bei Sonnenuntergang

Bild 1 – 6: weitere Impressionen aus Metkovic

Südwestlich von Metković taucht man in eine vergessene Welt ein. Kaum jemand verirrt sich hierher, doch verwundert dies nicht, wenn selbst die Bewohner Reißaus nehmen und nur noch wenige – meist alte Menschen – hier ansässig sind. Dörfer reihen sich zu Füßen der Gebirge an Flussufern weiterer Neretvanebenarme, mit Blick auf das weite flache Deltagebiet….

CUT!!!

Kurz nach Fertigstellung des ersten Teiles zum Neretvadelta, habe ich gleich an den Arbeiten für diesen zweiten Teil begonnen. Während es mir bis Metković einfach von der Hand ging, raubte es mir ab hier fast den Verstand. Ich wusste einfach nich mehr weiter – was und worüber sollte ich schreiben!? Ich habe beim Entdecken diesen südlichsten Teil des Deltagebietes weder außergewöhnliche Erlebnisse gehabt, noch gibt es besondere Geschichten über die Orte zu erzählen, da ich nichts herausfinden kann. Verzweiflung machte sich breit… Die Recherchen blieben erfolglos! Fast 1 1/2 Monate lang versuchte ich alle paar Tage mal weiter zu kommen, jedoch immer ohne Ergebnis. Jedesmal starrte ich auf den Bildschirm mit den zuletzt verfassten Textzeilen, um schluss endlich doch wieder aufzugeben. Ich habe mich nun dazu entschlossen den Druck regelmäßig etwas Witziges, Spannendes oder historisch Wertvolles erzählen zu müssen von mir genommen, denn das klappt nun mal nicht immer, schon gar nicht dann, wenn man sich allein in eine fast ausgestorbene Gegend begibt von der nur wenig bis gar nichts überliefert wird. Nachtrag nach Fertigstellung: Irgendwie finde ich es jetzt doch wieder gut gelungen. :o)) Ich hoffe ihr seht das am Ende genauso… ;o))

Ab Metković verläuft die Straße Richtung Südwest mit tollen Ausblicken auf die kultivierte Landschaft. Das nächste Dorf ist Dubravica, bestehend aus Häusern neueren Datums – kein Ort der einen fotografischen Stopp lohnt. Nach Dubravica, welches sich auf einer Anhöhe, einem Gebirgsausläufer, befindet, trifft man auf ein schmales Tal und erblickt gleich den Steinbruch. Hier bin ich zunächst nicht der Hauptverkehrsstraße weiter gefolgt, sondern links auf jene Straße eingebogen, die dem Tal, welches sich wie eine ausgestreckte Zunge in das Gebirge schneidet, gefolgt. Das erste Zeichen auf Leben äußerte sich in einer Kuhbegegnung, etwas was ich in den Gebirgen Süddalmatiens noch häufiger erleben sollte. Zu Ende des Tals liegt das alte Dorf Glušci, welches Verwaltungstechnisch zu Metković gezählt wird. Nicht eine Menschenseele habe ich hier angetroffen. Es roch nach Tiersch…ähm -exkrementen, begleitet vom Gegackere der Hühner. Eine kleine Kapelle befindet sich am Ende des Dorfes.

Bild 1 – 6: Kulturlandschaft südlich von Metković

Bild 1 – 5: Blick ins Tal von Glušci mit dem Steinbruch

Bild 1 – 6: Im Dorf  Glušci

Bijeli Vir

Mit knapp 300 Einwohner ist Bijeli Vir einer der größten Dörfer im südlichen Deltagebiet. Umgeben von atemberaubend schöner Landschaft bietet es jedoch eher wenig Sehenswertes. Die Häuser wirken oft sehr runtergekommen oder sogar verfallen, etwas was man mit Bedauern im gesamten Gebiet feststellen muss. Die Pfarrkirche hat zwar eine typisch dalmatinische Form, besteht jedoch aus grauem Beton (schön ist definitiv anders), dennoch strahlt der Ort ein gewisses Flair aus, welches vor allem durch die, trotz des meist schlechten Zustandes, bunt angestrichenen Hausfassaden entsteht. Ein kleines Tal zieht sich im Dreieck in das Gebirgsmassiv, an dessen nordöstlicher Gebirgswand sich die Häuser hoch ziehen. Folgt man den engen Sträßchen zwischen den Häuser in südöstlicher Richtung rauf in die Berge, wird alsbald der Blick auf dieses sumpfige kleine Tal frei. Oberhalb des Ortes kann man noch die Friedhofskapelle mit weitem Blick ins Deltagebiet bis zum Donja Gora und dem Rujnica-Gebirgszug entdecken.

Sich durch die enge Straße von Bijeli Vir zu kämpfen ist jedoch nicht nur wegen der Aussicht lohnenswert, sondern vor allem aufgrund der Möglichkeit ihr  hoch und weit in die Gebirge folgen zu können. Schon bald wurde ich auf den Kreuzweg neben der Straße, welcher 1997 angelegt wurde, aufmerksam. Er verbindet Bijeli Vir mit dem Gebirgsdorf…

Dobranje

Der Kreuzweg endet am Dorfeingang in Form einer christlichen Gedenstätte. Gegenüber trifft man gleich auf die kleine Kapelle Sveta Obitelja – weiter in östlicher Richtung hier und da ein Haus mit Hof. Gräber aus illyrischer Zeit zeugen von der langen Geschichte. Weitere erhaltene Stećci bezeugen die Besiedlung des Gebietes auch im 14. und 15. Jahrhundert. An der Dorfkreuzung dann der Mittelpunkt des Ortes mit der Crkva Male Gospe, im Jahre 1617 erbaut. Ihre Fertigstellung bewirkte, dass Dobranje sich zum Zentrum der Umgebung mauserte. Weiter nördöstlich, am Rande des Bergtales, der aufgrund der hinter der Häusergruppierung spitzaufragenden Felsformationen schönste Teil des Dorfes. Die Gipfel dieser Gebirgsformationen befinden sich bereits auf herzegowinischem Boden, denn im Jahre 1699 wurde gleich hinter den Häusern die Grenze zwischen der Republik Venedig und dem Osmansichen Reich gezogen. Diese Grenzziehung hat bis heute bestand… Zu seiner Blütezeit zählte Dobranje annährend 400 Seelen, heute sind es noch ganze 6!

Zurück in Bijeli Vir folgte ich dem Flusslauf weiter südwestwärts und erreichte schon bald das kleine Dorf Kosa. Außer einem äußerst agressiven, zu meinem Glück jedoch angeketteten Hund, traf ich auch hier keine Menschenseele an.

Bild 1 – 9: Bijeli Vir

Bild: Die Friedhofskapelle mit weitem Blick

Bild 1 & 2: Blick aufs Tal von Bijeli Vir

Bild 1 – 4: Straße in die Berge mit Kreuzweg

Bild 1 – 4: Ende des Kreuzweges mit weitem Blick

Bild: Die Kapelle Sveta Obitelja

Bild: Idyll – Haus mit Hof

Bild: Die Dorfkreuzung mit der Crkva Male Gospe

Bild 1 – 4: Das Tal samt Häusergruppierung vor imposanter Felsformation

Bild 1 – 8: Das kleine Dorf Kosa

Hinter Kosa führt eine weitere Straße in Serpentinen hoch in die Berge. Dabei bieten sich einem immer wieder faszinierende Ausblicke.

Vidonje

Oben angekommen trifft man gleich auf eine kleine sehr hübsche Kapelle, von der aus man einen spektakulären Blick auf das Deltagebiet genießt. Die Kapelle machte auf mich einen relativ resaturierten Eindruck. Auch eine Vielzahl weiterer alter Steinhäuser und der größeren Pfarrkirche zeigten sich von ihrer gepflegtesten und schönsten Seite. Ansonsten war es hier aber wie ausgestorben. Ein wenig fühlte ich mich dort oben wie in einer Geisterstadt in einem Wildwestfilm, ich rechnete fast schon damit in der nächsten Kurve auf ein paar hübsche gut gebaute Cowboys zu treffen, aber leider, leider wurde daraus nichts. :o))

Mlinište

Mit etwas mehr als 300 Einwohnern ist Mlinište die Großstadt (die Bezeichnung meinerseits ist übrigens nicht ganz ernst gemeint) des südlichen Deltagebietes und gleichzeit auch ihr administrativer Mittelpunkt. Auch über Mlinište konnte ich leider nichts ausfindig machen – erstaunlich, wenn man bedenkt, dass Bijeli Vir und Mlinište die beiden größten Orte sind. Mlinište gefiel mir ganz besonders gut, da es zum einen landschaftlich absolut überzeugt, zum anderen noch Leben spürbar war und mir die alten Häuser, samt der verwinkelten Gässchen, die sie durch ihr nahes beieinander stehen bilden, sehr imponierte. Weniger schön ist die Pfarrkirche, die so gar nicht ins Bild passen will, umso schöner dafür der kleine See an dem sie steht. Weiter trifft man auf eine ziemlich hübsche Kapelle, die während meines Streifzugs gerade geschmückt wurde. Später sollte ich noch erfahren, was der Anlass dazu war…

Bild 1 – 3: Straße rauf nach Vidonje

Bild 1 – 3: Kapelle mit tollem Ausblick

Bild 1 – 7: Vidonje

Bild 1 – 12: Mlinište

Mislina, Badžula und der Kuti-See

Ebenfalls an einem kleinen See gelegen, zählt das hübsche Mislina heute noch 50 Einwohner. Baula bringt es hingegen auf ganze 74 Köpfe. Der Ort erstreckt sich über einige Kilometer entlang der unzähligen Bewässerungskanäle. Im Ortskern fand gerade eine riesen Hochzeitsfeier statt – ich wollte nicht stören fuhr vorsichtig durch die Menschenmenge und knipste lediglich ein wenig außerhalb des Zentrums. Teilweise sehr hübsche Anwesen konnte ich hier entdecken, doch besonders beeindruckend fand ich den Ideereichtum mit dem man hier, aber natürlich auch in den meisten anderen Orten des Landes, die Häuser mit kunterbunten Blumen und sonstigen Dekomitteln schmückt. Die Hochzeit war im Übrigen auch der Grund, warum sämtliche Kirchen und Kapellen an diesem Tag verziert wurden.

Hinter Baula klettert die schmale Straße zunächst diagonal, dann in Serpentinen die Berge hoch. Man trifft auf eine weitere geschmückte kleine Kapelle, neben der sich eine päpstliche Statue und eine mit dem kroatischen Wappen verzierte, am Fels angebrachte, Glocke befindet. Schon bald endet jedoch die Weiterfahrt, da man den Grenzübergang zu Bosnien und Hercegovina erreicht. Der Blick wird frei auf ein absolutes landschaftliches Highlight – den Kuti See. Wie groß er ist??? Keine Ahnung, da selbst über ihn nichts rauszufinden ist, außer dass in seinen Tiefen eine alte Vila Rustica liegt, die man bei einer Lađatour, welche von Opuzen aus angeboten wird, bei klarem Wetter wohl ziemlich gut erkennen kann. Nur soviel zum See: Er ist ziemlich groß, liegt am südlichsten Talausläufer des Deltagebietes und wird somit im Westen, Süden und Osten komplett von Bergen umrahmt, während er nach Norden hin zur Neretva offen ist. Er ist verdammt sehenswert und dennoch total unbekannt, somit fast unberührt. Ein Traum…

Bild 1 – 4: Mislina

Bild 1 – 8: Badžula

Bild 1 – 3: Kapelle oberhalb des Kuti-Sees mit schöner am Fels angebrachter Glocke

Bild: Grenzposten zu Bosnien & Hercegovina

Bild 1 – 7: Blick auf den Kuti-See

Der aufmerksame Leser wird festgestellt haben, dass wir uns dem Ende nähern und uns eigentlich nur noch der Südwesten mit dem Mündungsgebiet, wo sich die Neretva in die Adria ergießt, fehlt. Dieser über mehrer Kilometer lange Küstenstreifen ist ein Paradies für alle Sandstrandliebhaber und Kitesurfer. Man erreicht es, indem man hinter Rogotin (siehe Teil 1 des Berichtes) die große Brücke, welche die Magistrale über die Neretva geleitet, überquert, an der nächsten Gebelung gleich nach links abbiegt, und so einer schmalen Straße westwärts entlang des südlichen Neretvaufers folgt. Faszinierende An- und Ausblicke der Landschaft und der Brücke werden von mir garantiert.

Besucht habe ich die Strände einmal zur Mittagszeit im September ’11 ein weiteres mal abends im Juni ’12. Dabei war der zweite Besuch aufgrund der Vielzahl an Kitesurfern besonders imponierend. Da der Strand vielen Touristen unbekannt ist, trifft man hier vorwiegend auf Einheimische. Es gibt eine schöne bewirtschaftete Strandhütte, ansonsten scheint es hier weitestgehend unberührt zu sein, so stören auch angeschwemmte Baumreste die Badendene nicht. Gleich hinter dem Strand befindet sich auch der Berg Galičak, an dem sich einst das alte Komin befand (siehe dazu Teil 1 des Berichtes). Besonders interessant ist dieser obere Abschnitt der Strandes nicht nur aufgrund des schönen Blickes in jede Himmelsrichtung (Pelješac und Hvar im Besonderen), sondern vor allem wegen seiner Sandbänke, auf denen man weit hinaus laufen kann. Es hat was Lagunenartiges hier (allerdings eben nicht schlammig und trüb wie in Nin). Folgt man der Straße weiter Südwärts, schließt sich schon bald der nächste mehrere kilometerlange Sandstrand samt Autocamp mit Tennisplatz an. Hier endet Teil 2, es wird aber auch noch einen dritten Teil geben. Im Anschluss an die letzte, meiner Meinung nach schönste, Fotoreihe, habe ich zur besseren Übersicht wieder einen G-Earth Screenshot angehangen, so könnt ihr meine Touren besser nachvollziehen. ;o))

Bild 1 & 2: Entlang der Neretva

Bild 1 – 35: Strandidyll von Kitesurfern belebt

Bild 1 – 4: Der lange Sandstrand

Map-Deltasüd

Ende Teil 2!

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